Arthrose bei Katzen: Die stillen Leiden
Arthrose bei Katzen richtig erkennen und behandeln – ein Experten-Interview mit Tierarzt Dr. Andreas Seide
Ihre Katze sträubt sich bei Bewegung und ist schon lange nicht mehr auf den sonst heißgeliebten Kratzbaum gesprungen? Dann kann eine Arthrose dahinterstecken. Aber erst mal keine Panik – in unserem Experten-Interview erfahren Sie alles, was Sie rund um Symptome, Diagnose und Behandlung wissen möchten.
Unser Interviewpartner
Tierarzt Dr. Andreas Seide arbeitet seit 1998 in Bremen mit seinem Team für das Wohl seiner Patienten.
Herr Dr. Seide, was ist überhaupt eine Arthrose?
Letztendlich ist eine Arthrose – oder auch Osteoarthrose genannt – eine Reaktion des Knochengewebes. Der Knorpel, der die beiden Knochenenden im Gelenk verbindet, nutzt sich ab oder wird beschädigt. Die Knochenplatte reagiert darauf, und es kommt zu einem unumkehrbaren Verschleiß von Knorpel und Gelenk.
Was ist der Unterschied zwischen Arthritis und Arthrose?
Arthritis bezeichnet die Entzündung eines Gelenks. Sie entsteht etwa durch Bakterien oder ein Erkranken des Immunsystems. Dies kann zu einer Arthrose führen – andersherum kann eine Arthrose aber auch einen erneuten Arthritis-Schub bedingen. Das ist aber nicht die Regel.
Welche Ursachen gibt es für eine Arthrose bei Katzen?
Arthrose tritt besonders häufig bei Katzen-Senioren auf. Denn ab einem Alter von ca. 9 bis 10 Jahren können sich die Gelenkknorpel altersbedingt abnutzen. Etwa drei Viertel der Katzen-Senioren sind betroffen. Bei jüngeren Katzen hat eine Arthrose in der Regel andere Ursachen:
- Unfälle und Verletzungen,
- Entzündungen – etwa durch einen Biss,
- genetisch bedingte Erberkrankungen
- sowie Fehlbelastungen.
Grundsätzlich kann jede Katzenrasse und jedes Gelenk von Arthrose betroffen sein. Häufige Stellen sind jedoch die Wirbelsäule, die Hüfte und die Knie.
An welchen Symptomen erkennt man eine Arthrose bei Katzen?
Eine Arthrose ist oft gar nicht so leicht zu erkennen. Vor allem wenn Katzen-Senioren betroffen sind, deren Bewegungsaktivität ohnehin abnimmt. Grundsätzlich deuten jedoch folgende Symptome auf eine Arthrose hin:
- die Katze lahmt und zieht ein Bein hinterher,
- eingeschränkte Bewegungsaktivität,
- unausgeglichene Körperbelastung,
- Humpeln
- sowie Schwierigkeiten beim Springen.
Wie Sie erkennen, dass Ihre Katze unter Gelenkschmerzen leidet
Katzen verhalten sich in dieser Hinsicht ähnlich wie wir Menschen. Bei anhaltenden Schmerzen nehmen sie eine Schonhaltung ein und vermeiden schmerzende Bewegungen. Oft lässt sich das an einem ungleichmäßigen Gangbild erkennen oder wenn die Katze Schwierigkeiten beim Springen an den Tag legt. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn sie immer wieder von Neuem ansetzen muss. Achten Sie am besten auch beim Streicheln darauf, ob Ihre Katze bei bestimmten Berührungen mit Schmerzbekundungen reagiert oder ausweicht.
Wie verläuft die Diagnose und Behandlung einer Arthrose beim Tierarzt?
Scheuen Sie sich auf keinen Fall, einen Tierarzt zu konsultieren, wenn Ihre Katze die oben genannten Symptome aufweist. Er kann die Erkrankung richtig diagnostizieren und andere Ursachen wie Muskelerkrankungen oder Verletzungen ausschließen. Hierfür tastet er die Katze ab und prüft die Beweglichkeit der Gelenke. Außerdem untersucht er den Gang und das Verhalten der Katze.
Es ist immer hilfreich, wenn Halter Videos von auffälligen Verhaltensweisen ihrer Katze machen. Beim Tierarzt bewegen sich Katzen nämlich oft anders als in ihrer gewohnten Umgebung.
Falls nötig, wird auch ein Röntgenbild angefertigt. Zu CTs, MRTs oder auch operativen Eingriffen kommt es dagegen nur in Extrem- oder Ausnahmefällen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten und Medikamente gibt es für eine Arthrose bei Katzen?
Welche Behandlungsmethode zum Einsatz kommt, richtet sich oft nach der Kooperationsbereitschaft und dem individuellen Wohlbefinden der Katze. Je nachdem gibt es
- oral verabreichte Entzündungshemmer,
- physiotherapeutische Maßnahmen,
- Laserbestrahlung,
- monatlich verabreichte Injektionslösungen (Spritzen),
- CBD-Öle und Weihrauchprodukte,
- homöopathische Arzneimittel oder auch
- eine Kombination aus mehreren Methoden.
Bei einer akuten Entzündung sollten Sie Ihre Katze mindestens 3 Wochen lang schonen. Also keine Spiele mit Ihrer Katze in dieser Zeit! Danach können Sie sie langsam wieder an gleichmäßige Bewegung heranführen. Das können Sie in Form von kurzen Spaziergängen und Clickertraining tun oder bei reinen Haus- und Wohnungskatzen, indem Sie für möglichst große Abstände zwischen Futternapf, Kratzbaum und Katzenklo sorgen. Oft kann es auch helfen, Trockenfutter oder andere Katzenleckerlis in der Wohnung zu verteilen.
Eine dauerhafte Schonung ist bei Arthrose kontraproduktiv. Viel zielführender ist gleichmäßige Bewegung.
Wenn Ihre Katze zum Beispiel gerne mit Angeln oder Laserpointern spielt, sollten Sie bei zukünftigen Spieleinheiten darauf achten, keine ruckartigen Bewegungen durchzuführen. Wildes Toben oder abrupte Richtungswechsel können den Schmerz erneut ausbrechen lassen.
Wie hoch ist die Lebenserwartung von Katzen mit Arthrose?
Arthrose ist eine irreversible Erkrankung. Das bedeutet, dass sie nicht heilbar ist und je nach Ausprägung die Lebensqualität der Katze einschränken kann. Sie ist aber nicht lebensgefährlich. Ein schmerzfreies und großteils normales Leben ist mithilfe der oben genannten Behandlungsmethoden und eines umfassenden Schmerzmanagements möglich. Achten Sie außerdem darauf, dass Ihre Katze keine zusätzlichen Folgeerkrankungen wie zum Beispiel Haltungsprobleme entwickelt.
Welche Vorbeugemaßnahmen gibt es für Arthrose bei Katzen? Tipps zu Futter, Bewegung und Co.
Schon ab dem Jungtieralter können Sie Arthrose bei Katzen vorbeugen. Zum Beispiel indem Sie Muschelextrakt-Präparate in das Futter Ihrer Katze geben. Diese besitzen eine leicht entzündungshemmende Wirkung. Wenn Ihre Katze bereits unter Gelenkproblemen leidet, kann zudem zugefütterte Hyaluronsäure Abhilfe schaffen und zu geschmeidigeren Gelenkbewegungen verhelfen. Darüber hinaus tut regelmäßige und vor allem gleichmäßige Bewegung Ihrer Katze gut. Achten Sie zudem auf ihr Gewicht. Je dicker die Katze ist, desto mehr Arbeit müssen die Gelenke leisten – und desto größer ist unter Umständen der Schmerz. Mit diesen Tipps sind Sie für den Ernstfall bestmöglich gewappnet.